Hinter dem „Goldenen Kanaldeckel“ verbirgt sich eine Auszeichnung, die regelmäßig vom Institut für Unterirdische Infrastruktur verliehen wird. Das unabhängige und gemeinnützige IKT arbeitet praxis- und anwendungsorientiert an Fragen des unterirdischen Leitungsbaus mit Schwerpunkt Kanalisation. Sein „Oscar der Kanalbranche“ würdigt individuelle Leistungen in Entsorgungsunternehmen, mithilfe derer die Bedeutung der Kanalisation ins öffentliche Bewusstsein rückt. Zuletzt errangen den Preis mehrfach Projektideen der Überflutungsvorsorge (Starkregen) und der Vermeidung von schädlichen Schwefelwasserstoffen. Denn genau das sind die beiden Herausforderungs-Pole im Untergrund: zu viel und zu wenig Durchfluss!
Auf dem „Deutschen Tag der Kanalreinigung 2023“ diskutierten daher die Teilnehmer in Bochum im Juli ausführlich über Krisenvorsorge. „Wir müssen uns an die Veränderungen des Klimas und der Technik anpassen“, mahnte IKT-Geschäftsführer Roland W. Waniek in seiner Eröffnungsrede. Chancen biete etwa – auf lange Sicht – Künstliche Intelligenz.
Das „Pro und Contra“ abwägen
Dass KI in der Praxis ihren Platz finden wird, bestätigt Torsten Könnemann, Technischer Leiter der Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser GmbH (MWA) in Kleinmachnow. Im aktuellen Podcast „WASSER ZEITUNG“ sagt er: „Ich könnte mir schon vorstellen, dass es perspektivisch – nicht heute oder morgen – Einsatzmöglichkeiten gibt, wie man sie sich zunutze machen kann, um Synergien zu heben und die Abwassersysteme mit verstärktem Technikeinsatz besser zu überwachen.“
Ein erprobtes Mittel zum Schutz der Kanäle sind heute etwa Fremdwasser-Verschlusssysteme, die das Eindringen von Niederschlag verhindern. „Sie sind auf der einen Seite sehr wirksam, andererseits aber sehr wartungsintensiv“, wägt Torsten Könnemann die Vor- und Nachteile ab. „Das hängt ganz von der Straße und Straßenoberfläche ab. Alternativ könnte man Komplettverschlusssysteme einsetzen. Das geht allerdings nur sehr begrenzt, da eine fehlende Belüftung die Bildung von Schwefelwasserstoffen begünstigt, die zu Korrosion und Geruchsbelästigung führen können.“
Auch die MWA, Betriebsführer der beiden WAZV „Der Teltow“ und „Mittelgraben“, setzt bei der Rohrreinigung vor allem auf externe Dienstleister. Diese rücken in festem Turnus und gemäß Plan mit ihren Hochdruckspülgeräten an. „Wir arbeiten mit leistungsfähigen Dienstleistern, die das auch gegenwärtig noch leisten können.“
Digital unten im Kanal
Noch? Warum „noch“? Ganz einfach: Rohrreinigungsbetriebe verzeichnen ohne Ende Aufträge – finden aber kaum Nachwuchs. „Damit ist kein Business machbar“, alarmiert Erich Bese, Unternehmensberater für Rohrreinigungsbetriebe in einer Pressemitteilung und schlussfolgert: „Das wird in einigen Regionen bald zum Problem führen, insbesondere, wenn die Leute viel Wasser sparen.” Er fordert ein Gegensteuern, was bei MWA-Technikchef Torsten Könnemann auf offene Ohren stößt. Denn der kann die Nachwuchssorgen sehr gut nachvollziehen: „Es geht um die Attraktivität dieser Berufe. Sie sind spannend, herausfordernde Tätigkeiten mit Zukunft, die zunehmend technisiert und digitalisiert werden. Das müssen wir deutlich machen und dafür werben.“ In der Abwasserwirtschaft erwartet also junge Menschen ein attraktives Arbeitsfeld, gerade dank moderner Technologien.