Herr Meier-Klodt, was lag ihnen am Ende des Arbeitslebens näher, die Technik oder die Zahlen?
Das ist natürlich ein bisschen tricky. Ich bin von Hause aus Wasserbauingenieur und muss als solcher mit den technischen Zahlen umgehen. Aber das Kaufmännische hat auch seinen Reiz, wie ich sowohl in einem Fernstudium als auch in der Praxis im In- und Ausland habe lernen müssen – teilweise schmerzhaft. Ich sehe es als großes Privileg, dass ich in meinem Berufsleben beide Bereiche einsehen konnte.
Sie sind bei der LWG im Corona-Jahr wieder eingestiegen. Dazu forderte die sich verschärfende Klimakrise in den letzten Jahren alle heraus. Was war für Sie die größere Herausforderung?
Corona war im Nachhinein fast ein schlechter Traum, aus dem man jetzt glücklicherweise wieder aufgewacht ist. Aber so ein Ereignis kann wieder passieren, die Viren schlafen nicht, sondern entwickeln sich weiter. Ich hoffe, dass wir dann besser vorbereitet sind. Wir haben bei der LWG als Wasserversorger Corona gut gemeistert und gehen, glaube ich, resilient in die Zukunft.
Ja und die Klimakrise ist ein Thema, was wir natürlich unseren Nachfolgern, unseren Kindern, als schwere Bürde mitgeben. Da muss ich einfach sagen, da hat man nicht das erreicht, was man hätte erreichen sollen. Nach meinem Dafürhalten ist das unser Problem Nummer 1. Aber die Menschheit schafft sich leider Gottes ein großes Problem nach dem anderen.
Die LWG hat seit 2020 vieles angepackt: eine Klärschlamminitiative, einen Trinkwasserverbund für die Niederlausitz uam. ist sie heute weniger Versorger als Wassermanager?
Ich möchte schon betonen, dass Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unser Kerngeschäft bleiben. Und da ist unser Unternehmen heute besser aufgestellt als im Jahre 2020, was nicht disrespektierlich sein soll für meine hervorragenden Vorgänger.
Der Zustand unserer wassertechnischen Anlagen ist in Ordnung, auch wenn es Herausforderungen gibt. Wir sind auf der Höhe des Geschehens und auch finanziell in einer hervorragenden Situation. Und wenn man diese Hausaufgaben gemacht hat, dann kann man tatsächlich auch über den Tellerrand schauen und mehr Verantwortung übernehmen – für die Klärschlammentsorgung mit der Phosphorrückgewinnung oder die überregionale Ausbildung mit dem Wasserwirtschaftlichen Bildungszentrum. Das sind ja alles Maßnahmen zur Strukturstärkung.
Stichwort Ausbildung! Die LWG-Lehrwerkstatt genießt großes Renommee in ganz Brandenburg. Man weiß, die jungen Leute kommen top ausgebildet in die Unternehmen zurück und sind vom ersten Tag an einsetzbar.
Ja, da möchte ich auch meinen Nachfolger in die Pflicht nehmen (lacht). Unsere Lehrwerkstatt lag mir vom ersten Augenblick am Herzen. Damals hatten wir 10 Auszubildende, dieses Jahr haben wir 30. Unsere Partner rennen uns die Bude ein, auf gut Deutsch gesagt. Die Lehrwerkstatt ist eben ein einzigartiges Angebot, das die praktische Ausbildung an den Werkzeugen ermöglicht und dann auch die betriebliche Ausbildung. Darum ist das so attraktiv.
Wir könnten sogar noch mehr Lehrlinge haben. Aber da stößt unsere Lehrwerkstatt jetzt endgültig an die Grenzen der Kapazität. Um so wichtiger ist es, dass das Wasserwirtschaftliche Bildungszentrum gebaut wird.
Herr Lindner, ihr Vorgänger hat eine ganze Menge Herausforderungen angesprochen. Ich spiele mal den Standesbeamten: Sind sie willens und bereit, nach bestem Wissen und Gewissen die Aufgaben fortzuführen und zu lösen?
Kann ich nur ganz kurz mit Ja beantworten.
Wo sehen Sie ihre Prioritäten?
Für mich ist die Priorität Nummer 1, das Unternehmen kennenzulernen, die Mitarbeiter kennenzulernen und auch die Prozesse zu verstehen. Und das mache ich sehr strukturiert, gemeinsam mit Jens Meier-Klodt als meinem Vorgänger sind wir da in einem sehr konstruktiven Austausch.
Merken sie bereits, dass sich ihr Blick auf Wasser, auf den Umgang mit Wasser verändert?
Ja, schon. Aber nicht erst seit dieser Woche, sondern schon im Vorfeld, als ich mich auch bewusst dafür entschieden habe, mich bei der LWG zu bewerben.
Durch die kommunale Abwasserrichtlinie der EU liegt ein großer Fokus auf der Energieneutralität im Schmutzwasserbereich, die mittelfristig hergestellt werden muss. Und Energie liegt Ihnen als Thema ja nicht so ganz fern.
Genau. Ich habe die letzten 20 Jahre in der Energiewirtschaft bei der LEAG verbracht und mich vor allem in den letzten Jahren intensiv an der Transformation beteiligt. Da sind ja Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien auch ein ganz besonderes Thema. Insofern hoffe ich, meine gewonnene Erfahrung in der LWG mit einzubringen.
Sind sie beeindruckt von dem, was die LWG an dieser Stelle schon geleistet hat?
Definitiv. Ich konnte mir das vor Ort auch schon anschauen.
War die Energiefacette bei der LWG eigentlich ein Grund für Ihre Bewerbung?
Unter anderem, für mich ging es darum, bei einem regionalen Unternehmen zu bleiben und quasi meinen Beitrag für die Region, insbesondere im Zusammenhang mit dem Strukturwandel, zu leisten.
Strukturwandel funktioniert nur mit funktionsfähiger Daseinsvorsorge. Sie waren beruflich viel unterwegs – wo steht Cottbus, wo steht die Lausitz im Vergleich der Regionen?
Vieles ist bereits angeschoben, aus meiner Sicht auch die richtigen Dinge. Jetzt gilt es aber, die Bälle auf dem Elfmeterpunkt ins Tor zu schießen, um die Vorhaben tatsächlich umzusetzen.
Woran werden die Cottbuser den Erfolg Ihrer Arbeit messen dürfen?
Natürlich auch daran, dass weiterhin die Versorgungssicherheit mit Wasser und Entsorgungssicherheit des Abwassers sichergestellt sind. Zudem werde ich die LWG in die schon vorbereitete Richtung, was Nachhaltigkeit betrifft, voranbringen.
Sie sind Cottbuser, engagieren sich ehrenamtlich als Richter am Finanzgericht und sind mit dem Lausitzer Sport vertraut. Wie wichtig ist regionale Verwurzelung für Sie und die LWG?
Das ist besonders wichtig! Ich bin froh, dass ich über die LWG den Sprung noch weiter in den Breitensport in Cottbus gefunden habe. Bei der Verknüpfung zwischen LWG und Breitensport möchte ich auch in Zukunft meinen Vorgänger bei seinen Aktivitäten unterstützen.
Herr Meier-Klodt, beginnt nun der längste Sommer Ihres Lebens?
Ja. (lacht herzlich) Ich werde nicht ans Meer ziehen, aber dort häufig Urlaub machen. Meine erste Liebe gehört, ehrlich gesagt, der Ostsee.
Aber mein innigster Wunsch ist es, dass mein Nachfolger seinen eigenen Weg geht und seine eigenen Vorstellungen umsetzt. Ich bin der Letzte, der sagt, ist doch alles in Butter, macht bitte so weiter. Wandel ist wichtig, mit anderen Ideen. Jetzt übergebe ich den Staffelstab und das ist gut so. Ich werde die LWG und die Mitarbeiter weiter im Herzen haben.
Das ungekürzte Interview mit Jens Meier-Klodt und Sebastian Lindner können Sie als Podcast „WZ – das Gespräch” nachhören, u.a. bei deezer und spotify.