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Zwei Jahre nach dem Fischsterben – wie geht’s dem Oder-Fisch?

Herausgeber: SPREE‑PR



Thilo Pagel vom IfB (r.) während einer Anglerbefragung beim „OderAngeln“. Das Projekt wird aus Mitteln der Fischereiabgabe des Landes Brandenburg finanziert.

Foto: IfB

Brandenburg

Zwei Jahre nach dem Fischsterben – wie geht’s dem Oder-Fisch?

Von der Neißemündung in Ratzdorf bis Mescherin, nördlich von Schwedt/Oder, warfen im vergangenen Oktober zwei Tage lang Dutzende Angler ihre Köder in die Oder. Und das aus einem besonderen Anlass. Ein Jahr nach dem dramatischen Fischsterben im Grenzfluss ging es um die Frage, ob sich der Bestand auf dem Weg der Besserung befindet.

“Angeln für die Wissenschaft an der Oder” nannte der Landesanglerverband Brandenburg e. V. (LAVB) seine Aktion, die durch das Institut für Binnenfischerei e. V. (IfB) Potsdam-Sacrow fachlich begleitet und ausgewertet wurde. Der große Vorteil der Angelfischerei: Vielfach werden Arten und Größen erfasst, die bei wissenschaftlichen Erhebungen oft unterrepräsentiert sind. Ins Netz gingen im Herbst – gemäß den Fangprotokollen – mehr als 450 Fische: „Bei den Raubfischen wurden hauptsächlich Hechte und Barsche gefangen, aber auch einige Welse und Zander. Zudem waren Arten wie Rapfen, Döbel, Blei, Güster, Plötze, Rotfeder und Kaulbarsch in den Fängen vertreten“, berichtete im Frühjahr die Mitgliederzeitschrift „Der Märkische Angler“. Für den 2. und 3. November 2024 ruft der Landesanglerverband Brandenburg erneut zu einem „Angeln für die Wissenschaft“ auf. Denn erst der Vergleich über mehrere Jahre hinweg hat Aussagekraft zur Entwicklung des Fischbestandes.

Alle Infos auf www.lavb.de

Impulse für die Region

Die 85 Fangprotokolle des Herbst-Angelns landeten auf dem Schreibtisch von Thilo Pagel. Der wissenschaftliche IfB-Mitarbeiter war nach dem Durchschauen erleichtert. „Uns wurden zu insgesamt zehn Arten unter anderem Jung- und laichfähige Fische gemeldet, also Tiere, die an der Reproduktion teilnehmen und den Bestand im Fluss wieder auffüllen können.“

Seiner Einschätzung nach haben die Ereignisse an der Oder die Angler auf deutscher wie polnischer Seite sensibilisiert. „Wir sind bei jedem ‚OderAngeln‘ selbst mit einem Boot unterwegs und führen persönliche Befragungen durch. Ja, es gibt für den Grenzfluss eine gestiegene Aufmerksamkeit. Das zeigen auch die vielen Tagungen, die seit dem Fischsterben stattgefunden haben.“

Das Potsdamer Institut will mit seinen Daten Öffentlichkeit schaffen. Im Gegensatz zu punktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen vor Ort – etwa mit Schleppnetzbefischung durch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) – bilden die Angler-Daten nahezu den gesamten Flusslauf ab. „Die Oder ist für Angler aus ganz Deutschland ein interessantes Revier. Insofern setzt ein gesunder Fischbestand auch ökonomische Impulse für die Region“, so Thilo Pagel.

Nur Glück im Unglück?

So hoffnungsvoll der Blick auf den Fischbestand auch sein mag, an der Oder ist noch nicht alles gut. Der Brandenburger Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (NABU) Björn Ellner hält die Situation sogar nach wie vor für prekär. „Seit Monaten wird beispielsweise in Frankfurt (Oder) eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit gemessen, die ein Maß für die Salzkonzentration im Wasser ist.“ Es sei in diesem Jahr bereits zu kleineren Fisch- und Muschelsterben gekommen. Die Ursache der Oderkatastrophe, die Einleitung von salzhaltigen Abwässern durch polnische Industriebetriebe, ist unverändert. „Dass sich Ähnliches wie 2022 bisher nicht wiederholt hat, liegt lediglich an einer günstigeren Witterung mit mehr Niederschlag und weniger Hitze als 2022. Das Einzige, das sich nach Angaben der zuständigen Behörden verbessert habe, sei die Abstimmung zwischen der polnischen und deutschen Seite.“ Das ist für den NABU Brandenburg jedoch unzureichend. Die eigentliche Ursache müsse beseitigt werden, fordert Björn Ellner: „Und in diesem Punkt sehen wir leider bisher keinerlei Veränderung im Vergleich zu 2022.“

Das Landesamt für Umwelt (LfU) Brandenburg überwacht die Gewässergüte der Oder.
Die aktuellen Werte für die Messstation Frankfurt (Oder) können Sie hier einsehen.


Statement von Thomas Frey, Landesamt für Umwelt (LfU)

“In der Oder kam es 2022 durch die massenhafte Entwicklung der giftigen Goldalge Prymnesium parvum zu einem großen Fischsterben. Die Goldalge hat sich mittlerweile im gesamten Flusslauf einschließlich der Nebengewässer etabliert. Da sich die Salzeinträge nicht verringert haben, besteht bei niedrigen Abflüssen und hohen Temperaturen die Gefahr eines erneuten Fischsterbens. Erschwerend kommt für das Flusssystem hinzu, dass die Algen fressenden „Filtrierer“ (Schnecken, Muscheln) aufgrund der Oder-Katastrophe von 2022 größtenteils noch fehlen und sich das Ökosystem noch nicht vollständig erholen konnte. Derzeit ist zudem nicht absehbar, wie sich die aktuellen Ausbaumaßnahmen auf polnischer Seite des Grenzflusses – in Umsetzung des Deutsch-Polnischen Wasserstraßenabkommen aus dem Jahr 2016 – auf die notwendige Regeneration des Flusses auswirken werden.

Auch in diesem Jahr kam es besonders im Juni zu einer hohen Goldalgendichte im Odergebiet, die lokal zu Fischsterben führten. Da das Alarm- und Meldesystem nach 2022 mit der polnischen Seite optimiert wurde und sich der Austausch von Daten und Informationen insgesamt seit der Oderkatastrophe 2022 deutlich verbessert hat, waren wir rechtzeitig informiert. 2023 hat das LfU ein zusätzliches Daphnientoximeter in der automatischen Messstation in Frankfurt (Oder) aufgestellt, um neben den chemisch-physikalischen Parameter, die an den Messstationen kontinuierlich gemessen werden, zusätzliche Informationen für eine mögliche Toxizität zu erhalten. Seit Mitte Juli wird auch Prymnesium parvum, sowie das Toxin der Alge durch ein externes Labor untersucht.”

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„Wir müssen langfristig den Wasserbedarf Sachsen-Anhalts im Blick haben und Wasserkreisläufe schließen.“

Herausgeber: SPREE‑PR



Frank Hellmann vom Wasserverbandstag e. V. während des Interviews.
Foto: SPREE-PR/Wolf

Sachsen-Anhalt

„Wir müssen langfristig den Wasserbedarf Sachsen-Anhalts im Blick haben und Wasserkreisläufe schließen.“

Es ist eine enorme Themenfülle, die die Trink- und Abwasserbranche zu bewältigen hat. Es geht unter anderem um den Netz-Erhalt, um Gesetzesänderungen und um die Attraktivität der Branche. Wo steht Sachsen-Anhalts Wasserwirtschaft? Das wollte die WASSERZEITUNG von Frank Hellmann, dem Geschäftsstellenleiter des Wasserverbandstages e. V. in Magdeburg, wissen.

Herr Hellmann, über was sprechen Sie lieber, über Trinkwasser oder übers Abwasser und warum?

Ehrlich gesagt ist für mich die Abwasserableitung, vor allem die Abwasserreinigung, interessanter. Die Trinkwasseraufbereitung ist aufgrund unserer hochwertigen Rohwasserressourcen verhältnismäßig einfach. Natürlich lauern auch dort Tücken, gerade wenn anhaltende Dürren die Wasservorräte schwinden lassen und gleichzeitig die Begehrlichkeiten wachsen. Wichtig ist es, die Wasserressource regional intelligent zu managen. Dazu gehört auch, dass das Abwasser top gereinigt werden muss.

Wie bewerten Sie die vielen Zweckverbandsfusionen, die zu sehr großen Verbänden geführt haben?

Gesetzlich sind Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung Aufgaben der Gemeinden, die dies an Dritte, wie die Zweckverbände, übertragen können. Gerade im ländlichen Raum macht es aus meiner Sicht Sinn, Aufgaben zu bündeln, denn stetig wachsende Anforderungen benötigen eine leistungsfähige Organisationsstruktur sowie Fachleute und Technik. Aber: Größe allein ist kein Garant für Qualität. Übergroße Verbandsstrukturen können durchaus auch Synergieeffekte umkehren.

Grundlage für eine stabile Wasserver- und Abwasserentsorgung ist eine moderne Anlageninfrastruktur. Was hat sich in den letzten Jahren getan? Wo hakt es?

Die gesamte Wasserwirtschaft hatte nach der politischen Wende großen Nachholbedarf. Im Bereich Trinkwasser war der Anschlussgrad mit dem heutigen vergleichbar, jedoch musste viel modernisiert werden. Beim Abwasser stand die zentrale Erschließung ab 1990 im Aufgabenheft der Zweckverbände, denn vor allem im ländlichen Raum gab es so gut wie kein Abwassersystem. Auf die Aufgabenträger kommt nun ein Strategiewechsel hinzu: der Wechsel von dem Bau der Anlagen zur Erneuerung. Und das kostet viel Geld.

Sind Gesetzgebungen dabei ein Problem?

Mit den seit über Jahrzehnten starren Gesetzlichkeiten konnten keine ausreichenden Rücklagen für diese Erneuerung erwirtschaftet werden. Diesen Knoten gilt es zu lösen: mit den Verwaltungen, der Landespolitik sowie mit den Bürgern. Wir brauchen eine Reform des Kommunalabgabengesetzes, damit Verbände Rücklagen für Investitionen bilden können. Und: Oberstes Ziel ist der Substanzerhalt, nicht die Gebührenstabilität.

Welche Aufgaben kommen langfristig auf die Verbände zu?

Die Nachhaltigkeit rückt immer mehr in den Fokus. Wer nutzt Wasser und wie? Wo fließt es lang, Rückhalt, Ableitung, Dürre oder Flut – überall bringt sich der Mensch ein. Um das System für nachfolgende Generationen zu erhalten, sind kluge Entscheidungen zum Schutz der Ressourcen gefragt. Unser Grundwasser, unsere Flüsse und Seen müssen langfristig bezüglich Menge und Qualität geschützt werden. Hierauf zielen verstärkt Verordnungen auf EU-, Bundes- und Landesebene ab. Die Branche ist eingebunden: Was sind notwendige, aber auch realistische Ziele und wie lässt sich das finanzieren? Die Wasserwirtschaft wird zunehmend ernst genommen und gehört. Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie z. B. bewirkt u. a. bessere Reinigungsleistungen unserer Kläranlagen, die Einleitgewässer werden entlastet. Erstmalig wurde hierfür auch eine Herstellerverantwortung verankert. Es sind Technologien zu entwickeln und bautechnisch umzusetzen. Dafür braucht es Zeit und Investitionen.

Worauf liegt der Fokus im Bereich Trinkwasser?

In der Trinkwassereinzugsgebieteverordnung geht es darum, die Schutzgebiete und die genutzten Ressourcen für die Versorgung bestmöglich zu schützen. Jede Woche wird gefühlt ein neuer „Störstoff“ im Wasser analysiert und nach Wegen gesucht, den Eintrag in das Grund- oder Oberflächenwasser zu verhindern. Die Verordnung definiert ein einheitliches Risikomanagement im Einzugsgebiet der Wassergewinnung. Es gibt aber auch andere Themen: IT-Sicherheit, Energieeffizienz, Klimawandel, Demographie und Fachkräftemangel.

Was kann die Landesregierung tun, damit Trink- und Abwassergebühren auch zukünftig sozialverträglich kalkuliert werden können?

Die Wasserwirtschaft ist mit einem endlosen Marathonlauf zu vergleichen. Vergleichsweise dazu ist eine Wahlperiode ein Sprint. Wir brauchen verlässliche Regularien, die nicht in Legislaturen enden. Die Branche mahnt seit Jahren über den Wasserverbandstag Änderungsbedarf bezüglich der Gesetze zur Refinanzierung der Aufgaben an. Die neuen Anforderungen, wie die Energiewende oder der Klimawandel, bewirken eines: Der Wert des Wassers steigt, die Kosten für Trink- und Abwasser steigen, diese prognostizierten Kostenanstiege sind beängstigend. Die Zahlen liegen auf dem Tisch, aber es passiert nichts.

Wie kann das Fachkräfteproblem gelöst werden?

Es ist mittlerweile ein Kampf ums Personal, um die Wahrnehmung der Wasserwirtschaft in der Öffentlichkeit. Der WVT unterstützt seine Mitglieder mit Kampagnen. Die Branche versucht, sich attraktiv zu machen: mit Jobbörsen, Ausbildung und Dualem Studium. Aber es gilt auch, die Mitarbeitenden zum Bleiben zu motivieren: durch attraktive Rahmenbedingen wie z. B. Jobrad, flexible Arbeitszeiten und Bildungsurlaub. Auch die Tarifparteien erkennen, dass die Branche attraktiver werden muss.

Laut Statistik sind die Sachsen-Anhalter echte Wassersparer, denn sie verbrauchen rund 23 Liter Trinkwasser pro Tag weniger als der Bundesdurchschnitt. Welche Auswirkungen hat dies?

 Ein sorgsamer Umgang ist mit jeder Ressource löblich. Sachsen-Anhalt kann den Trinkwasserbedarf gegenwärtig zu jeder Zeit sicher bedienen, auch in regenarmen Zeiten, in denen die Füllstände der Talsperren, Flüsse und Seen sinken ebenso wie das unsichtbare Grundwasser. Wir haben dieses System im Griff; noch. Problematisch kann es werden, wenn sprunghaft Bedarfe wie wasserintensive Industrieansiedlungen ansteigen oder Bedarfe wegbrechen – Stichwort Demographie. Übertriebenes Wassersparen kann der Abwasserwirtschaft Probleme bereiten, denn die Rohre werden nicht genügend ausgelastet und müssen häufiger gespült werden. Sachsen-Anhalt ist ein sehr trockenes Bundesland, wir müssen die Wasserbedarfe gut im Blick haben. Dabei hilft auch das neu gegründete Kompetenzzentrum Wasserwirtschaft.

Vielen Dank für das Gespräch.

Frank Hellmann ist Diplom-Ingenieur (FH) und hat von 1990–1994 an der Fachhochschule Magdeburg Wasserwirtschaft studiert. Seit 2017 ist er Leiter der Geschäftsstelle von Sachsen- Anhalt des Wasserverbandstages e. V. Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt.

Der Wasserverbandstag e. V. (WVT) entstand 1949 aus einem Interessenverband niedersächsischer Wasser- und Bodenverbände. Der WTV vertritt heute die Interessen von rund 1.000 Mitgliedern aus Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt u. a. bei den Herausforderungen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, bei der Gewässerunterhaltung sowie dem Hochwasserschutz. In Sachsen-Anhalt ist der WVT ein wichtiger Berater und Partner von insgesamt 44 Aufgabenträgern der Wasserwirtschaft und formuliert Positionspapiere und Forderungen an die Politik.

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Ohne Koordination sind die Herausforderungen beim Wasser nicht zu meistern

Herausgeber: SPREE‑PR



LWT-Geschäftsführer Turgut Pencereci im Frühling auf der Feier zum 30. Geburtstag des MAWV in Königs Wusterhausen.

Foto: SPREE-PR/Petsch

Interview mit Turgut Pencereci, Geschäftsführer Landeswasserverbandstag Brandenburg (LWT)

Ohne Koordination sind die Heraus­forderungen beim Wasser nicht zu meistern

Am 22. September werden die Brandenburgerinnen und Brandenburger über ein neues Landesparlament abstimmen. Während des Wahlkampfes lohnt sich ein prüfender Blick auf Aussagen zur Daseinsvorsorge im Bereich Wasser/Abwasser. Denn die Herausforderungen der Branche sind enorm, um die Ver- und Entsorgungssicherheit langfristig auf hohem Niveau zu garantieren. Und das funktioniert nicht ohne eine enge Zusammenarbeit aller Akteure. Der Landeswasserverbandstag Brandenburg (LWT) meint sogar, dass unser Lebensmittel Nr. 1 ein eigenes Ministerium braucht. Gegenüber der WASSERZEITUNG erklärt LWT-Geschäftsführer Turgut Pencereci seine Forderung.

Herr Pencereci, Rot-Schwarz-Grün hatte im Koalitionsvertrag ein Gesamtkonzept zur Anpassung an den Klimawandel versprochen. Außerdem wollte die Koalition das von der Branche erarbeitete Leitbild „Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft“ umsetzen. Was wurde geschafft?

Beim Leitbild ist man auf einem sehr ordentlichen Weg, um die Herausforderungen gut anzugehen. Dazu muss man sich aber noch stärker auf die einzelnen Themenfelder konzentrieren. Deshalb hat der LWT vorgeschlagen, ein Wasserministerium für Brandenburg zu gründen. Dieses würde die besondere Bedeutung des Themas Wasser unterstreichen und wäre ressortübergreifender Partner für die verschiedenen Akteure.

Zunächst noch ein Wort zum Leitbild. Die Erwartungen der Branche waren nach der Verabschiedung hoch – mancher ist heute enttäuscht. Es geht ja auch darum, dass sich kleinere Versorger allen Herausforderungen genauso stellen können wie größere.

Der bestehende Frust kommt daher, dass man erwartet hatte, dass es viel schneller geht. Denn eines muss man klar hervorheben: Die Zeit drängt. Natürlich geht es im Leitbild auch um handlungsfähige Einheiten. Leistungsfähigkeit ist aber nicht vornehmlich eine Frage der Größe und Organisationsform. Effizienz und Effektivität hängen in der Wasserwirtschaft eben auch von den handelnden Personen ab. Und da ist für uns eine relative Engstelle, weil es natürlich einen Fachkräftemangel gibt.

Die Branche selbst zeigt sich ja absolut handlungsfähig. Bestes Beispiel: Nach dem Trinkwasserverbund Lausitzer Revier hat sich auch ein Wasserverbund Niederlausitz gebildet. Eine Blaupause?

Das Heben von Synergieeffekten ist immer wichtig. Man kann natürlich schauen, wie ich mit dem nächsten und übernächsten Nachbarn zusammenarbeiten kann. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die Arbeit in Brandenburg und Berlin mehr koordiniert werden muss. Das heißt, dass alle zusammenrücken, wie etwa in der Interessengemeinschaft Metropolregion. Mir persönlich schwebt eine koordinierende Stelle für Berlin und Brandenburg vor, in der sich alle wiederfinden. Denn ohne Koordination sind die Herausforderungen nicht zu meistern.

Zumal auch der natürliche Wasserkreislauf keine Grenzen kennt. Müsste der Ruf nach Kooperation nicht allein deswegen viel lauter sein?

Sollte er. Denn die Spree ist der Schlüssel zu allem. 60 Prozent der Wasserversorgung Berlins und sogar Potsdams hängen unmittelbar von der Spree ab. Das System ist hochkomplex. Die Tagebaue der Lausitz spielen dabei eine entscheidende Rolle. All diese Fakten zwingen regelrecht dazu, großflächig zusammenzuarbeiten.

Immerhin etabliert sich langsam ein Bekenntnis zur Priorität der Trinkwasserversorgung. Sehen wir das auch in den Wahlprogrammen der Parteien?

Es sind Ansätze erkennbar. Und wir versuchen, uns dabei einzubringen. Nichtsdestotrotz ist zu erwarten, dass noch sehr viel intensiver gemeinsam gearbeitet wird. Noch steht der Vorrang der Trinkwasserversorgung nicht im Gesetz. Und es gibt erhebliche Nutzungskonflikte, die sich verdeutlichen zwischen Industrie, Landwirtschaft, Naturschutz, Gewerbe etc. Auch die wollen bei diesem Thema nicht – ich sag mal – hinten runterfallen.

Bei Tesla hatte man eher den Eindruck, dass der Dollar die Sachen regelt …

Bevor solche Großprojekte in Angriff genommen werden, muss kommuniziert werden. Dafür ist Tesla nur ein Beispiel. Es gibt ja beispielsweise den Wunsch, Wasserstoff zu produzieren. Und dafür braucht man noch viel mehr Wasser als der Autobauer. Man muss mit dem kostbaren Gut Wasser vernünftig umgehen und sich abstimmen. Wir sagen immer: Wasser hat keine Farbe; es darf nicht in das Ränkespiel der Politik hineingeraten. Beim Lebensmittel Nr. 1 muss zusammengearbeitet werden.

Was stimmt Sie optimistisch, dass Landespolitik und insbesondere Landesbehörden dafür gerüstet sind?

Auch die Landesverwaltung leidet natürlich unter Personalmangel. Was mich optimistisch stimmt, dass die Menschen immer noch eine Lösung für ihre Probleme gefunden haben. Es gibt Möglichkeiten aus der KI, es gibt technische Möglichkeiten, es gibt Abwasserwiederverwendung. Die Sachzwänge dürften so stark werden, dass man Lösungen finden muss.

Hinsichtlich der explodierenden Energiekosten hat ja die Wasserwirtschaft erhebliche Investitionen in Eigenstromversorgung vorgenommen. Da geht was!

Da ist ganz viel geleistet worden, das kann man gar nicht anders sagen. Und das wurde von den vorhandenen Strukturen geleistet. Wie wir 24/7 die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung aufrechterhalten, ist auch für hochentwickelte Industrieländer nicht selbstverständlich. Wir sind ja in einer recht komfortablen Situation, die wir nicht verlassen wollen. An gewissen Stellen wird es notwendig sein, mit der Ressource Wasser noch sinnvoller und optimaler umzugehen.

Ihre Top-3-Wünsche für die neue Legislaturperiode?

Was zwingend passieren muss, ist eine noch intensivere Zusammenarbeit – über das Bundesland hinaus. Zum Zweiten muss darauf geachtet werden, dass die Lausitz als Schlüssel für die Spree weiter betrach-tet wird. Und drittens ist für mich die Umweltbildung wichtig. Die Wassernutzer müssen immer wieder informiert werden, welche Leistungen die Branche erbringt und welchen Beitrag sie zur Mitwirkung leisten können.

Vielen Dank für das Gespräch!

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