Seit mehr als 10 Jahren unternimmt der Wasserverband Lausitz erhebliche Anstrengungen, die Stromrechnung für seine energieintensiven Anlagen zu drücken. Dies gelingt – in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsführer WAL-Betrieb – durch erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien. „Diese Erfahrungen verschaffen uns für die vorgeschriebene Energieneutralität von Kläranlagen ab 2030 einen entscheidenden Vorteil“, so Verbandsvorsteher Christoph Maschek voller Zuversicht. Denn während der Gesetzgeber lediglich eine bilanzielle Energieneutralität vorschreibt – also in Summe mehr zu erzeugen als zu verbrauchen –, erreicht der WAL die Strom-Autarkie auch auf der Kläranlage Brieske bereits tatsächlich. „Und das schon seit 2012. Die BHKW’s von WAL und WAL-Betrieb erzeugen Überschüsse, die ins vorgelagerte Netz eingespeist werden können.“
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Hier legt der WAL sogar noch eine Schippe drauf. Denn für Brieske sind zwei neue, baugleiche BHKW´s geplant, die ebenfalls Klärgas in Strom und Wärme verwandeln werden. „Der zusätzliche Rohstoff in Brieske ergibt sich durch die Schmutzwassermengen, die hier nach der fertiggestellten Schmutzwasser-Überleitung von der Kläranlage Großräschen durch die neu angeschafften BHKW´s verwertet werden können“, erläutert der WAL-Chef den Vorteil der gebündelten Investitionen, zu denen ihn „KARL“ verpflichtet.
Ebenfalls energetisch „sauber“ aufgerüstet wird der Schmutzwasser-Standort Lauchhammer. „Hier stehen uns theoretisch knapp 3 Hektar Fläche für eine Photovoltaik-Anlage zur Verfügung. Wir werden die Größe derart konzipieren, dass der Ertrag die Eigenversorgung vor Ort sichert. Es ist keine Einspeisung ins öffentliche Netz vorgesehen. Für Überschüsse schaffen wir einen Speicher an.“ Dieses Detail ist gerade vor dem Hintergrund eines verlässlichen Katastrophenschutzes (siehe Beitrag links) von Bedeutung. Denn jede Kilowattstunde netzunabhängiger Strom lässt – im Falle des Falles – das vorgehaltene Diesel-Notaggregat länger laufen, um die Pumpen zu bewegen.
Asche zu Asche? Leider nein!
So erfreulich der Weg zur Energieneutralität ist, so sehr sorgt das technische Vakuum bei der Phosphor-Rückgewinnung aus dem Klärschlamm für Kopfschmerzen beim Verbandsvorsteher. Es gibt schlicht noch kein Verfahren zur Phosphor-Rückgewinnung, das im industriellen Maßstab funktioniert. Die Gesetzgebung setzt Maßstäbe, die technisch (noch) nicht umgesetzt werden können.
„Mit der Verbrennung des Klärschlamms führt der Verwerter eine Umwandlung des WAL-‚Produktes‘ Klärschlamm durch, für das der WAL aber gemäß Klärschlammverordnung zuständig bleibt. Das heißt, er ist auch für die Asche und den darin enthaltenen Phosphor verantwortlich.“
Eine unbefriedigende Situation, die der WAL nicht aussitzen kann – selbst wenn der Gesetzgeber die Fristen noch einmal neu definiert. Derzeit gibt es mehrere technische Möglichkeiten mit offenen Fragen und einer sicheren Aussage: Die Kosten in der Schmutzwasser-Aufbereitung werden steigen.
Keine belastbare Perspektive
Eine Lösung der zahlreichen Unwägbarkeiten beim Thema Klärschlammaufbereitung ist nicht abzusehen. „Aber ich kann den WAL nicht auf die Reise schicken mit einer Lösung, die gar nicht bis zum gesetzlichen Ende gedacht ist“, beschreibt Christoph Maschek seine Zwickmühle. Mit einer Zwischenlösung loslegen oder abwarten? Und wie könnte eine Zwischenlösung aussehen? Eine eigene kleine Klärschlammverbrennung errichten, um allein für die WAL-Asche verantwortlich zu sein und die Verwertung auszuschreiben? Auf gar keinen Fall will der Verband unnütz Geld verpulvern. „Die Entscheidung, wie wir mit dem Thema Klärschlamm-Verwertung umgehen, ist aufgrund der fehlenden verbindlichen politischen Aussagen und der unklaren technischen Umsetzung noch nicht möglich. Es ist nicht absehbar, wie sich die Preise für welche Verfahren überhaupt gestalten.“
Wer trägt die Kosten?
Ähnlich ungeklärt sind Detailfragen für eine 4. Reinigungsstufe, die in Zukunft auf den Anlagen Brieske und Lauchhammer unliebsame Spurenstoffe eliminieren muss, theoretisch finanziert durch Arznei- und Kosmetikproduzenten. Stichwort Herstellerverantwortung! Aber gegen die drohenden Millionen-Rechnungen laufen die betroffenen Branchen gerade Sturm. Ergebnis: offen – insbesondere in der Frage, wer die Kosten trägt.