Zunächst noch ein Wort zum Leitbild. Die Erwartungen der Branche waren nach der Verabschiedung hoch – mancher ist heute enttäuscht. Es geht ja auch darum, dass sich kleinere Versorger allen Herausforderungen genauso stellen können wie größere.
Der bestehende Frust kommt daher, dass man erwartet hatte, dass es viel schneller geht. Denn eines muss man klar hervorheben: Die Zeit drängt. Natürlich geht es im Leitbild auch um handlungsfähige Einheiten. Leistungsfähigkeit ist aber nicht vornehmlich eine Frage der Größe und Organisationsform. Effizienz und Effektivität hängen in der Wasserwirtschaft eben auch von den handelnden Personen ab. Und da ist für uns eine relative Engstelle, weil es natürlich einen Fachkräftemangel gibt.
Die Branche selbst zeigt sich ja absolut handlungsfähig. Bestes Beispiel: Nach dem Trinkwasserverbund Lausitzer Revier hat sich auch ein Wasserverbund Niederlausitz gebildet. Eine Blaupause?
Das Heben von Synergieeffekten ist immer wichtig. Man kann natürlich schauen, wie ich mit dem nächsten und übernächsten Nachbarn zusammenarbeiten kann. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die Arbeit in Brandenburg und Berlin mehr koordiniert werden muss. Das heißt, dass alle zusammenrücken, wie etwa in der Interessengemeinschaft Metropolregion. Mir persönlich schwebt eine koordinierende Stelle für Berlin und Brandenburg vor, in der sich alle wiederfinden. Denn ohne Koordination sind die Herausforderungen nicht zu meistern.
Zumal auch der natürliche Wasserkreislauf keine Grenzen kennt. Müsste der Ruf nach Kooperation nicht allein deswegen viel lauter sein?
Sollte er. Denn die Spree ist der Schlüssel zu allem. 60 Prozent der Wasserversorgung Berlins und sogar Potsdams hängen unmittelbar von der Spree ab. Das System ist hochkomplex. Die Tagebaue der Lausitz spielen dabei eine entscheidende Rolle. All diese Fakten zwingen regelrecht dazu, großflächig zusammenzuarbeiten.
Immerhin etabliert sich langsam ein Bekenntnis zur Priorität der Trinkwasserversorgung. Sehen wir das auch in den Wahlprogrammen der Parteien?
Es sind Ansätze erkennbar. Und wir versuchen, uns dabei einzubringen. Nichtsdestotrotz ist zu erwarten, dass noch sehr viel intensiver gemeinsam gearbeitet wird. Noch steht der Vorrang der Trinkwasserversorgung nicht im Gesetz. Und es gibt erhebliche Nutzungskonflikte, die sich verdeutlichen zwischen Industrie, Landwirtschaft, Naturschutz, Gewerbe etc. Auch die wollen bei diesem Thema nicht – ich sag mal – hinten runterfallen.
Bei Tesla hatte man eher den Eindruck, dass der Dollar die Sachen regelt …
Bevor solche Großprojekte in Angriff genommen werden, muss kommuniziert werden. Dafür ist Tesla nur ein Beispiel. Es gibt ja beispielsweise den Wunsch, Wasserstoff zu produzieren. Und dafür braucht man noch viel mehr Wasser als der Autobauer. Man muss mit dem kostbaren Gut Wasser vernünftig umgehen und sich abstimmen. Wir sagen immer: Wasser hat keine Farbe; es darf nicht in das Ränkespiel der Politik hineingeraten. Beim Lebensmittel Nr. 1 muss zusammengearbeitet werden.
Was stimmt Sie optimistisch, dass Landespolitik und insbesondere Landesbehörden dafür gerüstet sind?
Auch die Landesverwaltung leidet natürlich unter Personalmangel. Was mich optimistisch stimmt, dass die Menschen immer noch eine Lösung für ihre Probleme gefunden haben. Es gibt Möglichkeiten aus der KI, es gibt technische Möglichkeiten, es gibt Abwasserwiederverwendung. Die Sachzwänge dürften so stark werden, dass man Lösungen finden muss.
Hinsichtlich der explodierenden Energiekosten hat ja die Wasserwirtschaft erhebliche Investitionen in Eigenstromversorgung vorgenommen. Da geht was!
Da ist ganz viel geleistet worden, das kann man gar nicht anders sagen. Und das wurde von den vorhandenen Strukturen geleistet. Wie wir 24/7 die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung aufrechterhalten, ist auch für hochentwickelte Industrieländer nicht selbstverständlich. Wir sind ja in einer recht komfortablen Situation, die wir nicht verlassen wollen. An gewissen Stellen wird es notwendig sein, mit der Ressource Wasser noch sinnvoller und optimaler umzugehen.
Ihre Top-3-Wünsche für die neue Legislaturperiode?
Was zwingend passieren muss, ist eine noch intensivere Zusammenarbeit – über das Bundesland hinaus. Zum Zweiten muss darauf geachtet werden, dass die Lausitz als Schlüssel für die Spree weiter betrach-tet wird. Und drittens ist für mich die Umweltbildung wichtig. Die Wassernutzer müssen immer wieder informiert werden, welche Leistungen die Branche erbringt und welchen Beitrag sie zur Mitwirkung leisten können.
Vielen Dank für das Gespräch!