Skip to main content

Montage: LWG (Foto); canva

Abwassergebührenranking 2023 bietet nicht das ganze Bild

Kann die Wasserwirtschaft Ost nicht rechnen?

In regelmäßigen Abständen vergleicht die Interessensgemeinschaft der Haus- und Grundstückseigentümer „Haus & Grund“ die Kosten der Abwasserentsorgung der 100 größten Städte in Deutschland. Auch für das Abwassergebührenranking 2023 wurden die Jahreskosten für einen 4-Personen-Haushalt unter die Lupe genommen. Ein Beitrag von Jens Meier-Klodt, kaufmännischer Geschäftsführer der LWG.

Die Mitglieder der Muster-Familie verbrauchen – denn das ist der bundesweite Durchschnittswert – pro Kopf und Tag 125 Liter Trinkwasser. Macht summa summarum 182,5 m³ im Jahr. Zum Wohnen stehen der Familie auf ihrem 200 m² großen Grundstück in einem Wohngebiet 120 m² zur Verfügung. Die Hälfte des Außenbereiches ist versiegelt, was für die Niederschlagswassergebühr berücksichtigt wird. Dazu kommen ggf. auch Beiträge. Soweit die Berechnungsgrundlage.

Schauen wir mal in die Pfalz

Der Vergleich dieses Musterhaushaltes fällt für Cottbus ernüchternd aus. Mit 878,15 Euro Jahreskosten landet Cottbus auf Platz 97 der Tabelle, nur gefolgt von Halle, Potsdam und Mönchengladbach. Schaut man auf die Karte der Bundesrepublik, fällt eines sofort ins Auge: Fast alle Städte in den neuen Bundesländern landen im teuersten Bereich von über 700 Euro/Jahr, darunter Rostock, Magdeburg, Leipzig und Chemnitz. Dagegen betragen zum Beispiel die Kosten im westdeutschen Kaiserslautern – wie Cottbus eine fußballbegeisterte Stadt mit ebenfalls rund 100.000 Einwohnern – nur 365,65 Euro/Jahr. Das sind satte 500 Euro weniger als hier. Kaiserslautern belegt einen guten 8. Platz in der Tabelle.

Meister beim Wassersparen

Aus diesem krassen Ost-West-Gefälle ließe sich durchaus die Frage schlussfolgern: Können die Aufgabenträger im Osten nicht ordentlich wirtschaften? Oder gibt es noch andere Erklärungen? Richtig ist, dass nach der Wiedervereinigung in den Neuen Bundesländern kostspielige Investitionen in Netze und Anlagen nachgeholt werden mussten. Das ist ein oft genannter Grund! In vielen Fällen wurden Anlagen auch zu groß dimensioniert, weil die blühenden Landschaften auf sich warten ließen, Menschen ihre Heimat verließen und die Dagebliebenen aufgrund steigender Preise und Gebühren zu Meistern des Wassersparens wurden.

Zwei Seiten einer Medaille

In Cottbus liegt der Durchschnittsverbrauch bei Trinkwasser heute mit 100 Litern pro Einwohner und Tag satte 20 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Durch diesen umweltschonenden Umgang mit dem kostbaren Gut fällt ca. 1 Mio. m³ Abwasser weniger an als in einer vergleichbaren Stadt in den alten Bundesländern.

Hohe Fixkosten machen in jedem Abwasserbetrieb den Großteil der Kosten aus. Das heißt, je weniger Menschen diese Fixkosten tragen, desto höher der Betrag für den einzelnen Haushalt. Das trifft für Cottbus zu. Die verbrauchsunabhängigen Kosten werden auf eine kleine Abwassermenge verteilt. Bei der LWG sind dies für die Stadt Cottbus ca. 0,5 – 0,6 Euro pro Kubikmeter bei der Abwassergebühr.

Wechseln wir einmal die Seiten und werfen einen lohnenswerten Blick auf die Trinkwasserpreise. Die „Haus & Grund“-Tabelle müsste dafür auf den Kopf gestellt werden. Bei nahezu identischen Grundpreisen kostet der Kubikmeter Trinkwasser aktuell in Kaiserslautern 2,04 Euro, aber in Cottbus nur 1,38 Euro. Klarer Vorteil Ost!

Ein differenzierter Blick

Lassen Sie uns die Puzzleteile zusammensetzen: Rechnet man die aktuellen Kosten für Abwasser, Niederschlags- und Trinkwasser zusammen, so zahlt die Familie in Kaiserslautern 997 Euro pro Jahr und in Cottbus noch ca. 1.235 Euro. Diese Jahreskosten nähern sich noch weiter an, weil durch den geringeren Trinkwasserverbrauch hier bei uns weniger Abwasser anfällt.

Und berücksichtigen wir darüber hinaus für Kaiserslautern noch einen kleinen Zuschlag auf die Beiträge, den es in Cottbus nicht gibt, dann zahlt die Cottbuser Familie tatsächlich weniger als die Familie in der Pfalz. Im Fußball würde man von einer gerechten Punkteteilung sprechen. Schauen Sie auf die präsentierten Informationen. Bedenken Sie: Trink- und Abwasser sind schlecht separat zu bewerten. Es ist ein System. Ohne Ver- keine Entsorgung. Hinsichtlich des eingangs erwähnten Abwasserrankings braucht es einen differenzierten Blick.