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Kleines Foto: Bei heftigen Wolkenbrüchen können schon mal die Gullys blubbern – es droht unter Umständen Rückstau im Kanal. Ein Regenschirm hilft bei solchen Starkregenereignissen wie im Juli 2024 wenig. Für das eigene Haus ist eine Rückstausicherung der beste Schutz.
Foto: SPREE-PR/Gückel

Sommerspitzen? Nein. Sturzfluten!

Die MWZ sprach mit Regenexperte Dirk Frambach von der DNWAB

Eine gewisse Ironie schwingt in dieser Geschichte schon mit: Ausgerechnet am heißesten Tag des Jahres – am 14. August kletterte die Quecksilbersäule in der Region auf 33 Grad – treffen wir Dirk Frambach in Schenkendorf, um über die Regenmassen im Juli zu sprechen. Frambach ist bei der Betriebsführerin DNWAB seit vielen Jahren der Abteilungsleiter Abwasser im Produktionsbereich 1 und damit zuständig für das Verbandsgebiet des MAWV.

Herr Frambach, stöhnten wir in den letzten Sommern unter extremer wochenlanger Hitze, zeigte der Juli sein janusköpfiges Antlitz: Starkregen.

Dirk Frambach: Das ist richtig. Allein sechs Starkregenereignisse verzeichneten wir – und zwar am 1., 11., 15., 22. und 29. Juli. Am 11. Juli waren es sogar zwei, deshalb kommen wir auf sechs.

Ab wann spricht man von Starkregen?

Der Deutsche Wetterdienst warnt in drei Stufen (siehe Hinweis Seite 4, Anmerkung der Redaktion). Pi mal Daumen sagen wir in der Abwassersparte: ab 30 l/m2 in der Stunde. Zwischen Mitte Juni und Anfang August verzeichneten wir insgesamt 384 Störmeldungen über unsere Anlagen.

Welches Havarie-Management setzt dann ein?

Unser Produktionsbereich ist ja rund um die Uhr besetzt. Ob nachts, am Wochenende oder an Feiertagen: Zwei Kollegen sind immer in Bereitschaft. Wir haben also einen guten Überblick über die Regenwasser- und auch insgesamt die Abwasserströme vor Ort. So sind viele Pumpwerke ins Prozessleitsystem eingebunden und darüber hinaus alle mittleren und großen Pumpwerke mit Frequenzumrichtern ausgestattet. Diese Anlagen reagieren ganz automatisch auf große Wassermassen. Beispielsweise kann im Hauptpumpwerk Schenkendorf unser Havariebecken genutzt werden. Diese Becken sollen bei Stark-
regen das Wasser zwischenspeichern und so Abwasserspitzen auf der Kläranlage verhindern. Denn gerade die „Sturzbäche“ verteuern die Reinigung des Abwassers und somit auch die Gebühren aller Einwohner. Die Kanäle sind so dimensioniert, dass sie normale regionaltypische Regenmengen sicher aufnehmen und ableiten können. Für meteorologische Extreme sind sie jedoch nicht ausgelegt.

Wie viele Pumpwerke gibt es eigentlich und wie viele sind an die Fernleittechnik angeschlossen?

Insgesamt überwachen wir über unser Prozessleitsystem 202 Anlagen – also Kläranlagen, Vakuumstationen und Abwasserpumpstationen. Bei den kleineren Pump- und Hauspumpwerken sind wir auf die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Sollte also die Signallampe auf dem Schaltschrank eines Pumpwerks blinken – bitte unsere Bereitschaftsnummer 0800 8807088 anrufen.

Wobei können die Bürger helfen?

Zunächst muss erwähnt werden: Niederschläge sind wichtig für die Grundwasserneubildung. Dafür muss das Wasser aber an Ort und Stelle versickern können. Und das ist das eigentliche Problem. Denn viele Flächen und Grundstücke sind mittlerweile versiegelt. Folge: Das Regenwasser kann nicht versickern und gelangt in den Schmutzwasserkanal, der dafür gar nicht dimensioniert ist. Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass die Regenrinne mit dem Schmutzwasserkanal verbunden ist. Das ist verboten!

Welche weiteren Gefahren lauern?

Viele Hausbesitzer sind wegen zunehmender Starkregenfälle akut von Rückstauschäden im Keller bedroht. Insbesondere dann, wenn sie über keine Rückstausicherungen verfügen, diese offen oder die Abwasserhebeanlage ausgefallen ist. Dann tritt das Abwasser im Keller oder Souterrain aus Bodenabläufen, Toiletten oder auch Duschen ins Haus ein. Das kann richtig teuer werden. Der einzige wirksame Schutz ist eine rechtzeitige technische Vorsorge durch fachkundige Installation. Rückstausicherungen unterhalb der Rückstauebene sind laut Schmutzwasserbeseitigungssatzung Pflicht! Und nicht zuletzt sind die Städte und Gemeinden in der Pflicht. Ihnen obliegt die ausreichende Niederschlagswasserableitung im öffentlichen Bereich.

Hintergrund

Der Deutsche Wetterdienst warnt in 3 Stufen vor Starkregen:

➊ Regenmengen 15 bis 25 l/m² in 1 Stunde oder 20 bis 35 l/m² in 6 Stunden (Markante Wetterwarnung)
➋ Regenmengen > 25 bis 40 l/m² in 1 Stunde oder > 35 l/m² bis 60 l/m² in 6 Stunden (Unwetterwarnung)
➌ Regenmengen > 40 l/m² in 1 Stunde oder > 60 l/m² in 6 Stunden (Warnung vor extremem Unwetter)

Niederschlagswasser im MAWV-Gebiet

Betreut werden für insgesamt sechs Städte/Gemeinden

■ 26,3 km Regenwasserkanal
■ 63 Regenrückhalte- und Sickerbecken
■ 30 Sedimentationsabscheider
■ 415 Sickerschächte
■ 8.424 Regeneinläufe
■ 20 Regenpumpwerke