Rechtsecke
Spitzfindigkeiten machen kirre
Gespaltene Gebührensätze sind rechtswidrig. So urteilte das Bundesverwaltungsgericht im Oktober 2023. Jetzt liegt die schriftliche Begründung zum AZ: BVerwG 9 CN 3.22 vor. Was für den MAWV und seine Kunden daraus folgt, wird in den kommenden Wochen entschieden.
Recht haben und Recht bekommen sind oft zweierlei. Und wenn verschiedene Gerichte im vergangenen Vierteljahrhundert zur sogenannten Altanschließerthematik mal so, mal so und wieder ganz anders entscheiden, darf man schon irritiert sein. Schließlich greifen die Gerichte damit in die Arbeit der Wasser-Abwasser-Verbände ein. Auch der MAWV muss nach dem jeweils aktuellen Urteil handeln, und das Hin und Her der Gerichte verunsichert nicht nur Sie, die Kundinnen und Kunden. Hatte das Oberverwaltungsgericht Brandenburg (OLG) vor Jahren den Ver- und Entsorgern geraten, möglichst gespaltene Gebühren zu erheben, kassierte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) dieses Urteil am 17. Oktober 2023 ein. Die Begründung: „Sogenannte Altanschließer, die aufgrund hypothetischer Festsetzungsverjährung keine Anschlussbeiträge gezahlt haben, dürfen aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mit höheren Wassergebühren belastet werden.“
Wer soll denn da noch durchsehen?
Begründungen des BVerwG:
§ Das Vertrauen der Eigentümer, sich nicht an der Deckung des beitragsfinanzierten Teils der Herstellungskosten über die Benutzungsgebühren beteiligen zu müssen, sei geschützt. Dieser Vertrauensschutz bezieht sich auch darauf, nicht mehr an einem Herstellungsaufwand beteiligt zu werden, auf den sich die hypothetisch festsetzungsverjährte Beitragspflicht bezogen hat.
§ Der Eingriff in die Vertrauensposition der betroffenen Altanschließer ist nicht durch das überwiegende Gemeinwohlinteresse gerechtfertigt. Auch ein Haushaltsinteresse an der vollständigen Refinanzierung der öffentlichen Anlage ist kein rechtfertigender Gemeinwohlbelang.
§ Haben Zweckverbände Beiträge erhoben, bleibt bei der Ermittlung der Abschreibungen und der Verzinsung der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht (keine Doppelbelastung).
§ Der gesamte Teil der Herstellungskosten, der nach dem Satzungsrecht des Verbandes durch Beiträge zu decken ist, bleibt bei der Berechnung der Abschreibungen unberücksichtigt, auch wenn Beiträge nicht gezahlt wurden.
Schlussfolgerungen für den MAWV
§ Nichtbeitragszahler sind bei der Gebührenerhebung so zu stellen, als hätten sie einen Beitrag gezahlt.
§ Nichtbeitragszahler und Beitragszahler müssen gebührenrechtlich gleichbehandelt werden.
§ Beitragszahlungen werden nun im vollen Umfang – sowohl in Höhe der tatsächlich gezahlten Beiträge als auch in Höhe der hypothetisch gezahlten Beiträge der Nichtbeitragszahler – als Abzugskapital berücksichtigt.
§ Es wird einheitliche Gebühren für alle Gebührenpflichtigen nach den jeweiligen Ver- und Entsorgungsgebieten im Verbandsgebiet geben.
§ Die Beschlüsse dazu werden für die nächste Verbandsversammlung am 14. März vorbereitet.