Wird die Spree bei Neuhausen (südlich von Cottbus) auch nach 2038 noch so fröhlich plätschern? Gehts nach den Experten von UBA und Wasser-Cluster-Lausitz e.V. und ihren Vorschlägen, dann ja!
Foto: SPREE-PR/Arbeit
Der Countdown zum Kohleausstieg läuft, aber:
Wie bleibt die Spree „im Fluss“?
In welchem Maße die Spree für Brandenburg ein existenzieller Fluss ist, wird durch den nahenden Ausstieg aus der Braunkohleförderung mehr als deutlich. Würde die sogenannte Grubenentwässerung ohne Ersatz enden, fiele der Spreewald trocken und Berlin bekäme ein ernstes Problem mit seiner praktizierten Aufbereitung von Flusswasser zu Trinkwasser. An Zukunftsideen mangelt es nicht. Politik und Verwaltungen müssen jedoch zügig Entscheidungen fällen.
Für sein „Lehrbuch der Grundwasser- und Quellenkunde“ beschäftigte sich der preußische Geologe Prof. Konrad Keilhack (1858–1944) bereits in den 1930er Jahren mit der Zeit nach dem Braunkohlebergbau. Aus seinen Forschungen folgerte er, dass es einige Jahrzehnte dauern könne, bevor das Grundwasser wieder richtig angestiegen sei. Wie lange die Grundwasserchemie brauchen würde, wieder in Ordnung zu kommen, darüber wollte er keine Prognose abgeben.
Dass die Braunkohle in der Lausitz nicht auf ewige Zeiten gefördert werden würde, war bereits damals klar. Dass es für den Wasserhaushalt keinen Hebel gibt, den man nach dem Abstellen der Förderbänder auf „wie zuvor“ stellt, ebenso. Es sind weitreichende Entscheidungen zu treffen, und zwar schnellstmöglich. Denn einerseits dürfte die Umsetzung der vielfältigen Maßnahmen weit mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen. Und andererseits betrifft die Frage der Grubenentwässerung und des Danach sogar die Trinkwasserversorgung im Lausitz-fernen, doch über die Spree innig verbundenen Berlin.
Wasserspeicher gesucht
„Der Braunkohleabbau hat tiefgreifende Spuren und Veränderungen im Naturraum und in den Landschaftsformen mit ihren Ökosystemen hinterlassen“, konstatiert die Vize-Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA) Dr. Lilian Busse gegenüber der WASSER ZEITUNG. „Einen weitgehend sich selbst regulierenden Wasserhaushalt im Flussgebiet der Spree wiederherzustellen, ist eine der zentralen Herausforderungen des Kohleausstiegs.“ Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die bedarfsgerechte Sicherstellung von Wassermenge und -güte für alle Anrainer der Spree, insbesondere um eine ganzjährige Wasserversorgung. Das Problem: Der Kohleausstieg wird zu einem strukturellen Wasserdefizit führen. „Eine Studie im Auftrag des UBA mit einer umfassenden Zustandsanalyse für das Lausitzer Spreegebiet schätzt das Defizit auf 126 Millionen Kubikmeter pro Jahr, das in den Sommermonaten ohne ausreichende und gefüllte Wasserspeicher nicht beherrschbar ist“, so Dr. Busse. Die Bewirtschaftung könne nur gelingen, wenn ein erhöhtes Wasserspeichervolumen – geschätzt 178 Millionen Kubikmeter – mit zusätzlichem Wasser für das Flussgebiet bereitsteht. „Davon wird es langfristig abhängen, ob und wie die Versorgung der Bevölkerung, der Wirtschaft in der Region und der Ökosysteme mit Wasser im Lausitzer Spreegebiet gelingt.“
Werden 20 Jahre reichen?
Woher das zusätzliche Wasser nehmen? „Ein Drittel müsste aus einem anderen Flussgebiet geholt werden“, macht Ingolf Arnold, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Wasser-Cluster-Lausitz im Podcast der WASSER ZEITUNG (unter anderem bei deezer, spotify) deutlich. In den Medien wurde bereits über eine zirka 40 Kilometer lange, unterirdische Verbindung zur Elbe als bevorzugte Variante spekuliert. „Das gibt der Fluss auch her!“, erläutert uns der Diplom-Ingenieur. „Im März 2023 hatte die Elbe in Bad Schandau einen Durchfluss von 1.000 Kubikmetern pro Sekunde. Davon zwei Prozent abzuzweigen, ist wasserwirtschaftlich möglich, aber am Ende eine politische Entscheidung.“
Ingolf Arnold mahnt, dass für die Grundsatzentscheidung nicht mehr allzuviel Zeit bleibt! „2026 soll die Vorlage fertig sein, um spätestens 2027 Beschlüsse zu fassen. Dann folgen Genehmigungsverfahren, Auftragsvergaben und der Bau selbst. Bleibt zu hoffen, dass 20 Jahre ausreichen, um eine funktionierende neue Lebensgrundlage für die Spree zu schaffen.“
Der Wasser-Fachmann ist sicher: Wenn die zu errichtenden Speicher – unter Umständen sogar der in der Flutung befindliche Cottbuser Ostsee – im Frühjahr weitestgehend gefüllt seien, könne man auch in Trockenjahren wie 2018 bis 2022 die Spree so mit Wasser versorgen, dass sie bis hin nach Berlin einen akzeptablen Mindestpegel erreicht.