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Die klimatischen Veränderungen sorgen vielerorts für ausgedörrte Böden. Versorger und Verbraucher müssen sich diesen neuen Verhältnissen anpassen.
Foto: SPREE-PR/Galda

Wetterexperten im Interview zu Folgen des Klimawandels

„Stark­regen­ereignisse werden wahrscheinlich­er“

Anhaltende Trockenperioden und extreme Regenereignisse gehören in Deutschland seit etwa fünf Jahren zur „neuen Normalität“. Was das für Landwirte und Verbraucher auch in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet und worauf wir uns einrichten müssen, dazu forscht das Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Braunschweig. Die WASSERZEITUNG befragte Corina Schube und Jens Fildebrandt, die dort im Bereich der agrarmeteorologischen Beratung tätig sind.

Von wegen Klimawandel! Auch vor 50 Jahren gab es schon frühlingshafte Tage im Februar, berichten Skeptiker gern. Was antworten Sie?

Corina Schube: Ja, sie haben recht – allerdings waren es früher nur mal einzelne Tage, während in den vergangenen Jahren die wärmeren Tage gehäufter auftraten. Das gilt übrigens nicht nur für den Februar, sondern für alle Monate, sodass ein positiver Trend der Temperaturabweichung vom vieljährigen Mittel existiert. Neun der zehn wärmsten Jahre seit Beobachtungsbeginn 1881 sind nach 2000 aufgetreten. Seit 1951 werden auch die Anzahl der Eistage (Maximum < 0° C), Frosttage (Minimum < 0° C), Sommertage (Maximum > 25° C), heißen Tage (Maximum > 30° C) und Tropennächte (Minimum > 20° C) erfasst, wobei die Sommertage, heißen Tage und Tropennächte eine zunehmende Tendenz zeigen, während die Frost- und Eistage weniger werden.

Entweder zu nass oder zu trocken – „normal“ scheint es nicht mehr zu geben. Werden wir uns an Extreme gewöhnen müssen?

Jens Fildebrandt: Kurz – ja. Klimaprojektionen gehen für die Zukunft von einer Zunahme der Winterniederschläge und gleichbleibenden bis leicht abnehmenden Sommerniederschläge aus. Längere trockene Phasen im Sommer werden wahrscheinlicher. Steigende Temperaturen und zunehmende Verdunstung bedeuten mehr Energie/Wasserdampf in der Atmosphäre, sodass Starkregenereignisse wahrscheinlicher werden. Unsicher sind die Prognosen im Hinblick auf die künftige Wasserverfügbarkeit im Frühjahr. Einerseits prognostizieren die Klimamodelle einen leichten Anstieg der Frühjahrsniederschläge, andererseits wurde in den letzten Jahren eine Zunahme der Frühjahrstrockenheit beobachtet.

Messsysteme auf Feldern bestimmen die mittlere Bodenfeuchte im Umkreis von mehreren Hektar.
Foto: DWD

Was bedeutet das für die Landwirtschaft und was für die Wasserversorgung aus Grundwasser?

C. S.: Mit zunehmenden Winterniederschlägen verschlechtert sich nicht nur die Befahrbarkeit, sondern es steigt die Gefahr von Erosion, Überflutungen und Nährstoffauswaschungen. Steigende Temperaturen bei unveränderten Sommerniederschlägen führen zu höherer Verdunstung und sinkender Bodenfeuchte, d. h. der Bewässerungsbedarf steigt. Mit dem Klimawandel verändern sich die Anbaubedingungen für land- und forstwirtschaftliche Kulturen, z. B. durch längere Vegetationszeiten, neue Pflanzenkrankheiten und neue Schädlinge, aber auch durch die Möglichkeit, neue Kulturen anzubauen.


Je nach Höhe des Grundwasserspiegels und der Bodenart/Bodenstruktur braucht das Niederschlagswasser unterschiedlich lange, um beim Grundwasser anzukommen. Dazu hat der DWD aber keine Daten.

In Brandenburg gab es in den vergangenen Sommern bereits Beschränkungen für die private Wasserentnahme. Ist solch ein Szenario auch für Mecklenburg-Vorpommern vorstellbar?

J. F.: Regeln für die Beschränkungen der privaten Wasserentnahme sowie Regelungen für die Feldberegnung gab es im Sommer 2023 z. B. schon in Niedersachsen und wahrscheinlich auch in anderen Bundesländern. Im Zuge von notwendigen Wassereinsparungen ist dies natürlich auch für MV bzw. bundesweit vorstellbar. Allerdings trifft diese Entscheidung nicht der DWD.


Womit können wir, Verbraucher und Landwirte, einer möglichen klimatischen Verschiebung begegnen?

C. S.: Aktuell wird es tatsächlich nur ein „Anpassen“ sein, denn alle bereits ergriffenen und kommenden Maßnahmen zum Klimaschutz wirken sich erst sehr zeitverzögert aus, im Rahmen von Jahren und Jahrzehnten. Für die Landwirtschaft sind z. B. angepasste Züchtungen der Kulturpflanzen notwendig und mehr Drainagen für die Winterniederschläge. Außerdem dürfte im Frühjahr/Sommer der Bedarf an Bewässerungsgaben steigen. Wie bereits erwähnt, können allerdings auch neue, wärmeliebende Kulturen angebaut werden.


Sehen Sie einen Weg, die Veränderungen des Klimas zurückzudrehen oder wenigstens anzuhalten? Was müsste dafür unternommen werden?

J. F.: Die Fachleute sind sich einig – wir können noch etwas tun; zumindest um den Klimawandel aufzuhalten. In der Landwirtschaft kann die Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen z. B. durch den Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten, Einsatz organischer Dünger, Wiedervernässung von Mooren oder Aufforstung nicht mehr benötigter Flächen erfolgen. Außerdem sollten Methan- und Lachgas-Emissionen reduziert werden.

Hintergrund

Was ist Agrarmeteorologie?

Das Teilgebiet der Meteorologie beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Wetter, Witterung und Klima auf die Land- und Forstwirtschaft. Für die Landwirtschaft werden zum Beispiel tagesgenaue Vorhersagen bereitgestellt, die anhand von Wirkmodellen aus Wetterdaten sowie aus Daten zum aktuellen Entwicklungszustand der Pflanzen und zu örtlichen Bodeneigenschaften erzeugt werden. Außerdem werden u. a. für Ministerien rückblickende Analysen erstellt sowie Extremereignisse als Basis für staatliche Ausgleichszahlungen bewertet.