Schmutzwasserentsorgung in Kleingartenanlagen wird zur Herausforderung
Die Entsorgung von Abwasser in Kleingartenanlagen entwickelt sich zu einem wachsenden Problem. Der Wasser- und Abwasserverband Rathenow ist bei der Lösung auf die Mitwirkung der Besitzer und Pächter der Kleingärten angewiesen.

Die Entsorgungsfahrzeuge benötigen Rangierplatz und die Mitarbeiter ausreichend Freiraum an den Absaugstutzen.
Foto: WAV Rathenow
Kleingärten sind grüne Oasen, gerade für die Bewohner von Städten und größeren Gemeinden. Im Westhavelland gibt es eine ganze Menge davon, auch im Verbund von Kleingartenanlagen. Sie stehen für Naturverbundenheit, Gemeinschaft und Erholung. Hinter Blumenbeeten und Laubendächern bahnt sich jedoch seit einiger Zeit ein Problem an, das als solches bislang wenig sichtbar war oder von den Nutzern zur Kenntnis genommen wurde: die Entsorgung von Schmutzwasser. Es wird zunehmend zur Herausforderung, insbesondere für den zuständigen Wasser- und Abwasserverband Rathenow.
Gesetz kontra gelebte Praxis
Rein rechtlich ist die Lage klar: Das Bundeskleingartengesetz definiert nach Paragraph 1 ausschließlich die kleingärtnerische Nutzung. Einrichtungen, die dauerhaft Schmutzwasser erzeugen, sind somit nicht erlaubt. Das betrifft zum Beispiel Spülen, Duschen oder WCs mit Wasseranschluss. Auch eine Nutzung der Gartenlaube zu Wohnzwecken ist nicht erlaubt. Vorgesehen ist lediglich der „vorübergehende Aufenthalt“. Die Realität sieht allerdings häufig anders aus. Viele Gärten sind längst mit Toiletten und Duschen ausgestattet. Das entspricht den Bedürfnissen der Kleingartennutzer und ist natürlich aus Hygienegründen nachvollziehbar. Für den WAV ergeben sich jedoch seit Längerem Probleme. Das bringt den Verband – bei allem Verständnis für die nachvollziehbaren Ursachen – oft in eine schwierige Lage, um die Entsorgung ordnungsgemäß zu gewährleisten. Dabei ist er auf die Mitwirkung der Bürger angewiesen.
Mehrere Faktoren verkomplizieren den Ablauf:
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Schlechte Zuwegungen erschweren das Anfahren der Anlagen mit Fäkalsaugfahrzeugen. Diese benötigen eine Zufahrtsbreite von mindestens 3,50 Metern – inklusive Wendemöglichkeit (bei Sackgassen) für Fahrzeuge bis 26 Tonnen. Fehlende Absaugstutzen verhindern oft eine sichere Entleerung. Zu kleine oder undichte Gruben sind in mehrfacher Hinsicht wenig umweltverträglich. Sie belasten möglicherweise das Erdreich und verlangen häufigere Entsorgungsfahrten.
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Als besonders problematisch erweist sich für die Entsorgungsfahrzeuge häufig das Rückwärtsfahren in engen Gartenwegen. Laut Straßenverkehrsordnung dürfen diese nur durchgeführt werden, wenn keine Gefährdung Dritter vorliegt, was in den oft verwinkelten Anlagen mit schlechter Sicht (Hecken) schwer umzusetzen ist. Kommt es zum Unfall, können der Fahrer persönlich und der Verband haftbar gemacht werden. All diese Faktoren führen letztlich zu steigenden Kosten nicht nur für den Verband, sondern mittelbar auch für die Allgemeinheit. Schließlich wird zusätzlicher Aufwand notgedrungen über die Gebühren auf alle Kunden im Verbandsgebiet umgelegt.
Dialog statt Verbote
Der WAV steht deshalb vor der Aufgabe, eine rechtssichere und gleichzeitig praktikable Lösung zu finden. Dabei sollen weder der gesetzliche Rahmen ausgehebelt noch die Bedürfnisse der Gartenfreunde ignoriert werden. „Wir wissen, welche Bedeutung Kleingärten für die Gesellschaft haben“, sagt WAV-Geschäftsführer Björn Jelinski. Sie seien Orte der Erholung, der sozialen Integration und ein wichtiger Beitrag zur Biodiversität. Die Lösung des Problems könne deshalb nicht in Verboten liegen, sondern im Dialog. Schrittweise Begehungen der betroffenen Anlagen sollen helfen, individuelle Lösungen zu finden. Erste Gespräche mit Vorständen von Kleingartenanlagen würden bereits stattfinden. Abschließend: Sobald eine Lösung mit den Eigentümern/Pächtern gefunden wurde, wird eine sogenannte Sondervereinbarung mit diesen abgeschlossen.
Was können Gartenfreunde tun?
Damit die Entsorgung auch künftig gesichert werden kann, ruft der Verband die Kleingartennutzer zur Mithilfe auf.
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Zufahrtswege prüfen: Die Wege zur Grube sollten mindestens 3,50 Meter breit sein und eine Wendemöglichkeit bieten.
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Absaugstutzen nachrüsten: Eine einfache technische Maßnahme, die die Entsorgung erheblich erleichtert.
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Dichtheitsprüfung vorlegen: Nur dichte Gruben dürfen laut Satzung und Umweltrecht genutzt werden. Die Prüfung muss regelmäßig erneuert werden. Der Verband behält sich vor, entsprechende Nachweise vorlegen zu lassen.
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Grubenvolumen beachten: Neue oder zu genehmigende Gruben müssen – laut Vorgabe aus der Entsorgungssatzung des WAV – mindestens drei Kubikmeter fassen.
Ziel sind pragmatische Lösungen
Der WAV weist darauf hin, dass ein genereller Bestandsschutz für bestehende Gruben nicht existiert. Trotzdem ist der Verband bemüht, pragmatisch zu handeln, sofern keine sicherheits- oder betriebstechnischen Gründe dagegensprechen. Ziel ist es, die Schmutzwasserentsorgung langfristig und unter Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen sicherzustellen. Dabei setzt der WAV auf Kooperation statt Konfrontation. Denn klar ist: Die Kleingärten im Verbandsgebiet sollen auch in Zukunft Orte der Entspannung und des Miteinanders bleiben – ohne dass sie zur Belastung für die Umwelt oder die Entsorgungs-Infrastruktur werden.