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Zweckverband für Wasser­versorgung und Abwasser­beseitigung Bad Dürrenberg

Pfiffige Lösungen: Steffen Gess von der Amiblu Germany GmbH (li.) sowie Marvin Klapproth (Mitte) und Niklas Zimmermann von THE PAULY GROUP GmbH stellten bei den Magdeburger Abwassertagen innovative Rohrsysteme sowie Lösungen zur ökologischen Entwässerung von Klärschlamm vor.
Foto: SPREE-PR/Wolf

32. MAGDEBURGER ABWASSERTAGE

Von Theorie und Wirklichkeit

Abwasserverbände fordern eine praxistaugliche Neugestaltung der EU-Kommunalabwasser­richtline

Viele Vorträge waren am 7. September im Tagungssaal des Hotels Ratswaage bereits gehalten worden. Beim sperrig klingenden Thema „Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie“ ruckelten sich einige Teilnehmer auf ihren Stühlen zurecht und meldeten sich zu Wort, nachdem Christof Mainz vom Bundesumweltministerium einen Überblick über den Stand der EU-Beratungen zur Neugestaltung der Richtline gab.

Das Thema erhitzt die Gemüter. Ein Teilnehmer sprach von einem Skandal, was die EU-Pläne noch mit der Wirklichkeit zu tun hätten? Ein Verbandschef stellte die Frage, wo das Geld herkommen soll? Andere meinten, es müsse gelingen, irgendwie, für alle EU-Länder – zum Schutz der Umwelt. Worum geht es? Es geht um die künftige Reinigung von Abwasser, um eine Regelung für alle EU-Mitgliedsstaaten. Die Pläne der EU sind vielschichtig. Zum Beispiel sollen die Grenzwerte von Phosphor und Stickstoff des gereinigten Abwassers, das aus der Kläranlage in die Flüsse geleitet wird, verschärft werden. Es geht um eine vierte Reinigungsstufe für Kläranlagen ab 100.000 Einwohnerwerten und darum, wie Gewässer vor gefährlichen Stoffen geschützt werden sollen. Ein Beispiel: Der in vielen Schmerzmitteln enthaltene Wirkstoff Diclofenac kann in Kläranlagen derzeit nur teilweise eliminiert werden, bereits in niedrigen Konzentrationen schädigt dieser die Tierwelt in Gewässern. Für eine zusätzliche Reinigungsstufe sollen nun die Verursacher, vor allem die Pharmaindustrie und die chemische Industrie die Kosten tragen. Laut EU soll es dazu erst einmal einen Hersteller-Finanztopf geben. Die kommunalen Abwasserverbände sehen sich vor Mammutaufgaben: Wer zahlt den Umbau von Kläranlagen? Wie sollen die Gebühren der Kunden bei hohen Investitionen niedrig bleiben? Von einer Gebührenerhöhung von 2,3 % ist die Rede, doch Andreas Beyer, Verbandschef des WAZV „Bode-Wipper“, schüttelt den Kopf. „Das ist völlig unrealistisch“, sagt er. Beim Thema Eigenstromerzeugung gibt es weitere Probleme: Es fehlt nicht nur Geld, sondern schlichtweg der Platz für Photovoltaik auf den Anlagen und das Personal sowieso.

Die Mitglieder der DWA, der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., richteten bei den Magdeburger Abwassertagen eine klare Botschaft gen Politik: Bei der Neuausrichtung der Kommunalabwasserrichtlinie muss nachgebessert werden. Aber auch Klärschlammbeseitigung, Phosphorrückgewinnung, Energieneutralität und die Nationale Wasserstrategie sind Themen der Branche. Ein aufrüttelnder Appell kam von Prof. Dr.-Ing. Matthias Barjenbruch, dem DWA-Landesverbandsvorsitzenden: „Wir müssen für den Gewässerschutz kämpfen, denn 90 Prozent der Gewässer hierzulande sind in keinem guten Zustand.“

Sind sich einig: Die EU-Pläne zur Neu-ausrichtung der Kommunalabwasserrichtline sind nur schwer in die Praxis umzusetzen: (v. l.) Mario Pöschmann, Vorstand der Abwasserbeseitigung Weißenfels-AöR, Achim Grossmann, Verbands­geschäftsführer Abwasserverband Haldensleben „Untere Ohre“ sowie Andreas Beyer, Verbandschef des WAZV „Bode-Wipper“ beim Austausch in Magdeburg.

Prof. Dr. Uli Paetzel, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA): „Austausch und Netzwerkbildung sind entscheidend für eine zukunftsorientierte Praxis in der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Wir von der DWA veranstalten mehrere hundert Tagungen und Weiterbildungen pro Jahr, um die Fach- und Führungskräfte der Branche zusammenzubringen.“
Für eine bessere Belüftung und gegen Gulli-Geruch: WAZ-Redakteurin Franziska Swoboda (rechts) lässt sich von Daniel Jehring von der UNITECHNICS KG aus Schwerin ein wartungsarmes Geruchsdämpfungssystem für Kanalschächte erklären. Im Inneren der Schachtabdeckung befindet sich ein neuartiges Filtermaterial aus Zellkunststoff. Dessen Reinigung erfolgt schlicht und einfach mit… Wasser!
Ralf Schüler, Geschäftsführer DWA Landesverband Nord-Ost: „Die Magdeburger Abwassertage haben sich als Branchentreff seit der Wende etabliert und sprechen vor allem Technische Leiter, Abwassermeister sowie Planer und Verbandschefs von Abwasserbetrieben an. Es geht um neue Technologien in der Abwassertechnik, Umweltschutz sowie Energiegewinnung und um das Zukunftsthema Wasserstoff.“

Die Themen der 32. Abwassertagung am 7. und 8. September 2023 im Überblick

• Neue Kommunalabwasserrichtlinie
• Sicherstellung der Abwasserentsorgung bei Stromausfall
• Schadstoffe aus Regen- und Mischwasserkanälen
• Innovationen zur Klärschlammbeseitigung
• Technische Überwachung von Rohrleitungen

• Umgang mit Schadstoffen in der Ostsee
• Wasserstoffgewinnung aus Schlammwasser
• Optimaler Betrieb von Kläranlagen
• Abwasserwärmenutzung