
Begrünte Fassaden verleihen Gebäuden einen natürlich-romantischen Charme.
Foto: fassadengruen.de
Mecklenburg-Vorpommern
Eine grüne Fassade schont Klima und Geldbeutel
Wow, ein Wandgarten! In diesem Text lernen Sie ganz neue Seiten an Efeu, Clematis und Blauregen kennen. Die schwindelfreien Kletterer würden Ihrem Haus nämlich in vielerlei Hinsicht gut stehen, findet unsere Redakteurin Kathrin Wöhler.
Die Jungfernrebe lässt ihre Triebe wie Ponyfransen in den Torbogen fallen, im Efeu nistet ein Grünfink und die Kletterhortensie belohnt den Geduldigen mit ihren hübschen Blütentellern. Nicht umsonst nennt man begrünte Fassaden auch Wandgärten. Wer sich für eine grüne Wand entscheidet, hat die Qual der Wahl. Sind Blüten erwünscht? Mit welcher Blattfarbe, wie hoch, wie wüchsig, wie dicht wünscht sich der künftige Wandgärtner seine Fassadenbegrünung?
Kühlung für heiße Sommer
Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, die Vorteile überwiegen die begleitenden Anstrengungen um Längen. Findet zumindest der Naturschutzbund (Nabu), der vor allem den wärmedämmenden und -speichernden Effekt der Pflanzen hervorhebt. So erwärmen sich begrünte Wände im Sommer höchstens bis auf 30Grad – an kahlen Wänden können Temperaturen bis 60 Grad gemessen werden. Im Winter wiederum kühlen diese schnell bis auf minus 10Grad. Mit wintergrünen Pflanzen wie Efeu bewachsene Flächen bleiben hingegen fünf Grad wärmer, weil die Blätter ein dämmendes Luftpolster bilden, erklärt der Nabu. Hauseigentümer sparen also bares Geld, weil Heizung und Klimaanlage einen Gang runterschalten können.
Ernte direkt am Haus
Und wussten Sie schon? An heißen Tagen zirkuliert die Luft durch die Temperaturunterschiede zwischen einer beschatteten Wand und der heißen Sommerluft – das wirkt etwa auf einem efeuumrankten Balkon wie ein sanfter Fächer. Hinzu kommen das leise Rauschen der Blätter und deren leichte Lärmdämpfung. Die grünen Kletterer und Schlinger haben also nicht nur auf Gebäude, sondern auch auf manch überhitztes Gemüt einen positiven Einfluss.
Soweit die Fakten.
Hinzu kommt jedoch ein Argument, das, zugegeben, nur im Auge des Betrachters liegt: Ein Wandgarten steht den meisten Gebäuden ausgesprochen gut. Der alte Schuppen schmückt sich mit den Blüten einer Clematis, der schmutzige Putz trägt ein Ramb-lerrosenkleid, und das Landhaus macht viel mehr her, seit der Spalierapfel blüht. Auf diese letztgenannte Art kann die Mühe, die eine Fassadenbegrünung durch Schnitt, Pflege und den eventuell nötigen Einsatz von Kletterhilfen bereitet, sogar Früchte tragen. Mit dem richtigen Standort reifen zum Beispiel Kirschen, Wein und Birnen an den Wänden heran, wobei kaum Platz benötigt wird.

Der Leipziger Sven Taraba gilt als Experte für Fassadenbegrünung. Er berät bundesweit Eigenheimbesitzer, verkauft passende Pflanzen und Rankhilfen und hat seine grüne Handschrift auch schon an vielen öffentlichen Gebäuden hinterlassen.
Foto: Privat
Herr Taraba, was sagen Sie zu Schäden an den Hauswänden durch einwachsende Kletterpflanzen?
Selbstklimmer halten sich mit kleinen Saugnäpfen, Klimmhaaren und Haftwurzeln an der Fassade fest. Dazu nutzen sie winzige Unebenheiten in den Mauern. Solange Putz und Mörtel intakt sind, passiert den Wänden nichts. Schäden wie Risse können jedoch durch das Dickenwachstum zum Beispiel von Efeu und Würger wie den Blauregen verschlimmert werden.
Was ist mit Schimmel?
Das dürfte kein Problem sein. Die Pflanzen entziehen dem Boden über ihre Wurzeln permanent Wasser, sodass die Mauerfüße gut trocken gehalten werden. Wir begrünen deshalb sogar Neubauten, die Pflanzen tragen dann aktiv zur Bautrocknung bei.
Muss ich nicht ständig mit Tieren rechnen, die in den Pflanzen leben und durch mein Fenster ins Haus gelangen?
Natürlich – das ist Natur! Vögel nisten darin, fressen die Beeren und die dort lebenden Insekten. Bienen mögen zum Beispiel die Blüten von wildem Wein, Spinnen und Ameisen finden ebenfalls reichlich Nahrung in den Kletterpflanzen.
Was kann ich dagegen unternehmen?
Greifen Sie zur Gartenschere und schneiden Sie sich eine Sicherheitszone um Ihre Fenster. So vermeiden Sie auch die zumeist unerwünschte Beschattung.
Auf wie viel Aufwand muss ich mich einstellen?
Das kommt ganz darauf an, für welche Pflanzen Sie sich entscheiden. Natürlich brauchen alle Pflege, anfangs Wasser, Dünger und unter Umständen Kletterhilfen, später regelmäßige Rückschnitte. Obstspaliere gelten hier als Königsdisziplin. Sie sollten sich diesbezüglich sorgfältig informieren, beispielsweise auf meiner Website fassadengruen.de. Aber letztlich sind Pflanzen an Fassaden kein Hexenwerk, wachsen Sie als Gärtner an dieser Aufgabe einfach mit Ihrem Wandgrün mit.